Wolfgang Winkler

Interview mit dem Schauspieler Wolfgang Winkler

Wolfgang Winkler, 1943 in Görlitz/Sachsen geboren, machte zunächst eine Ausbildung zum E-Lok-Führer, bevor er von 1962 – 1965 an der Deutschen Hochschule für Filmkunst in Potsdam-Babelsberg ein Schauspielstudium absolvierte. Heute ist er vor allem bekannt durch seine Rolle als Hauptkommissar Schneider in der Reihe „Polizeiruf 110“, Auftritte im „Tatort“, den Filmen „Mutter wider Willen“ oder „Die Braut meines Freundes“ sowie Serien wie „Kurklinik Rosenau“ und „Wolffs Revier“.

Filmographie:

Das Kaninchen bin ich
Das Pferdemädchen
Der Staatsanwalt hat das Wort - Hubertusjagd
Möbius
Immer wieder Sonntag
Wolkenstein
Wolffs Revier
Tatort
Liebling Kreuzberg
Wir sind auch ein Volk
Grüß Gott, Genosse
Unser Lehrer Dr. Specht
Männer sind was wunderbares
Kurklinik Rosenau
Polizeiruf 110
Anna Marx: Auf eigene Gefahr
Helicops
Mutter wider Willen
Powder Park
Die Braut meines Freundes
Heinrich, der Säger
Die Rettungsflieger
Der Landarzt
17. Juni

Theaterarbeiten:

Theater Halle
Staatsschauspiel Dresden
Komödie Dresden
Gerhart-Hauptmann-Theater in Zittau/Görlitz

In Ihrem ersten Beruf waren Sie Lokführer. Von dort zum Schauspieler ist es ein eher ungewöhnlicher Schritt. Wie kam es dazu?

Der Wille Schauspieler zu werden war schon immer da, denn schon früher bin ich regelmäßig in Laienspielgruppen aufgetreten. Den Anstoß, dann tatsächlich ein Studium zu beginnen, gab das Foto einer ehemaligen Klassenkameradin, das ich in einer Zeitung sah. Sie hatte damals gerade ihr Schauspielstudium abgeschlossen. Als ich dieses Bild sah, wurde mein Wunsch wieder real und ich setzte alles daran, ihn zu verwirklichen.

Haben Sie es je bereut diesen Beruf ergriffen zu haben?

Nein. Doch vor einer Premiere beim Theater ist es üblich, sich unter Kollegen zu fragen, warum man nicht einen anderen Beruf ergriffen hat. Dann ist nämlich das Lampenfieber so groß, daß man gerne woanders sein möchte.

Nach der Vorstellung jedoch will man davon nichts mehr wissen. Dann ist man einfach nur noch sehr, sehr glücklich. Nämlich dann, wenn man sieht, wie das Stück beim Publikum angekommen ist. Bei einer Komödie weiß man, daß die Zuschauer sich gefreut haben, bei einer Tragödie, daß sie mit einem gelitten haben. Es macht einfach Spaß, wenn Menschen sich von einem in eine Situation entführen lassen.

Gleich am Anfang Ihrer Tätigkeit als Schauspieler wirkten Sie in der DEFA-Produktion „Das Kaninchen bin ich“ mit. Der Film wurde jedoch auf den Index gesetzt und erst Jahre später gesendet. Warum?

Es ist richtig, daß der Film erst nach der Wende im November 1989 erstmalig gezeigt wurde. Das lag daran, daß er die gesellschaftlichen Zustände im Sozialismus sehr kritisch dargestellt hat. Er enthielt einfach zuviel an Wirklichkeit, denn er zeigte wie Menschen, die Karriere machen wollten, andere dafür benutzten. Ein Beispiel hierfür ist der Richter, der mich in diesem Film verurteilt, viel strenger als notwendig war, nur weil er an sein eigenes Vorwärtskommen dachte.

Wie war Ihre Reaktion darauf, daß dieser Film nicht gezeigt werden durfte?

Ich habe es zunächst überhaupt nicht verstanden, da ich exmatrikuliert wurde und dachte, daß es dafür einen anderen Hintergrund gäbe. Meine damalige Fachrichtungsleitung wollte sich reinwaschen und erklärte, nicht die Erlaubnis dafür gegeben zu haben, daß ich in diesem Film überhaupt mitspielen durfte.

Hatte dies Folgen für Ihre berufliche Zukunft?

Nein, die hatte es im Grunde nicht. Ich bin anschließend zum Theater gegangen und habe meinen Weg gemacht. Außerdem glaube ich nicht, daß ich auf einem Index gestanden habe.

Wie lief generell die Vermittlung von Schauspielern in der DDR ab?

Der Beruf des Regisseurs war dort sehr wichtig und bedeutend. So war er es, zusammen mit dem Dramaturgen, der die Besetzung für einen Film bestimmte. Dabei erinnerte sich der Regisseur an Schauspieler mit denen er bereits zusammengearbeitet hatte und erweiterte diesen Stamm immer weiter.

Beim Fernsehen und bei der DEFA gab es dazu Besetzungsbüros, in denen alle Schauspieler registriert waren. Wurden für einen Film neue Gesichter benötigt, fuhr der Regisseur dorthin und informierte sich, wen er einsetzen konnte.

Ist es ein Unterschied Schauspieler in der DDR zu sein im Gegensatz zu heute?

Rein in der praktischen Arbeit sind die Unterschiede mehr als gering. Doch damals in der DDR hatte ich beim Film und am Theater die Vision einer besseren Zukunft. Ich wollte helfen eine neue Gesellschaft zu formen, mußte dann jedoch feststellen, daß das nicht so durchführbar war.

Wie haben Sie selbst die Wende in Ihrer Laufbahn erlebt? Gab es mehr Engagements, weniger, was hat sich getan?

Man wußte nicht genau wie es weitergehen würde. Damals war ich ausschließlich im Bereich Film und Fernsehen beschäftigt. Ich bin dann zurück an eine Bühne gegangen, weil ich nicht wußte, ob ich weiter bei Film und Fernsehen beschäftigt werde.

Doch das ganze hat sich dann zum Glücklichen gewendet. 1991 wurde ich für eine Serie engagiert, habe zusätzlich noch weiter Theater gespielt und von da an hat sich alles kontinuierlich weiterentwickelt.

Irgendwann mußte ich dann aufhören Theater zu spielen, da ich für eine durchgehende Rolle in einer weiteren Serie verpflichtet wurde. Dazu kam 1995 noch das Angebot die Rolle des Kommissars Herbert Schneider in der Reihe Polizeiruf 110 zu spielen. So hat sich das alles glücklich gefügt.

Seit 1996 spielen Sie den Hauptkommissar Herbert Schneider an der Seite von Jackie Schwarz als Hauptkommissar Herbert Schmücke. Ist das eine Traumrolle für Sie?

Es ist eine schöne Rolle. Sie ist so gestaltet, daß für Jackie Schwarz und mich selbst viel Spiel bleibt. Außerdem geben wir uns beide auch besondere Mühe, die Rolle so zu gestalten, daß sie nicht nur uns, sondern auch dem Zuschauer viel Freude bereitet.

Was ist der Reiz gerade an dieser Rolle, die Sie doch immerhin schon über Jahre spielen?

Jede Folge ist eine neue Herausforderung. Schließlich haben wir inzwischen ein gewisses Level erreicht, das wir erfüllen wollen. Viele Dinge zwischen uns, die auch eine gewisse Komik hervorrufen, sind bereits dagewesen. Daher ist es jedesmal ein neuer Reiz auf die Suche danach zu gehen, wie wir die nächste Folge wieder mit schönen, neuen Einfällen spicken können.

Haben Sie ein Mitspracherecht bei den Drehbüchern?

Wenn Jackie und ich die Drehbücher bekommen, treffen wir uns immer zu einer Besprechung. Wir versuchen dann genau zu klären, was sich in dem jeweiligen Buch zwischen uns abspielt. Manchmal entdecken wir dabei auch Fehler in der Logik. Das kann bei mehreren Fassungen, die es von jedem Drehbuch gibt, schon einmal passieren. Die werden dann bei einer Buchbesprechung von uns vorgetragen. Insgesamt gesehen haben wir sogar ein erhebliches Mitspracherecht.

Wird man durch eine solche Serie auf ein bestimmtes Genre festgelegt?

Das passiert zwangsläufig, denn man wird durch diese Figur bekannter als durch viele andere, die man bereits gespielt hat.

Ich freue mich jedoch sehr, wenn ich Angebote bekomme, die weit entfernt sind vom Kommissar. Es ist eine Herausforderung etwas ganz anderes zu spielen, seine Fähigkeiten zeigen zu können.

Was spielen Sie selbst am Liebsten?

Ich bin am Theater angetreten, um Komiker zu spielen. Die klassischen, jugendlichen Helden habe ich nie gespielt. Ich habe ein komisches Talent, das macht mir mehr Spaß als Helden zu spielen.

Haben Sie privat Ähnlichkeit mit den Rollen, die Sie spielen?

Man bringt immer viel persönliches in sein Spiel ein. Wobei es sehr reizvoll für einen Schauspieler ist, wenn er sich verstellen, richtig spielen kann. Doch eine Rolle ist nie ganz vorhanden, sie entwickelt sich und plötzlich ist man jemand ganz anderer.

Was ist Ihr persönlicher Lieblingsfilm? Warum?

„Das Pferdemädchen“ – die Geschichte von einem Vater, seiner Tochter und deren Pferd in einer gewissen Idylle. Es hat sehr viel Spaß gemacht diese Rolle zu spielen, weil sie sehr vielseitig war.

Es ist eine Vaterrolle, in der gezeigt wird, wie er mit seiner Tochter umgeht, wie er gezwungen ist sie zu belügen, weil er zu feige ist einzugestehen, daß sie zwei Pferde nicht werden halten können. Dazu die Tochter, die voller Hoffnung ist und dann kommt der Tag, an dem das Pferd abgeholt werden muß. Es gab viele Konflikte in diesem Film zu lösen, was den besonderen Reiz ausmachte.

Heute spielen Sie wieder Theater. Was hat es ausgemacht, daß Sie damit wieder angefangen haben? Hat das Theater einen besonderen Reiz gegenüber dem Drehen vor einer Kamera?

Zu DDR-Zeiten war es unkompliziert möglich Theater zu spielen und gleichzeitig zu filmen. War man bekannt genug, konnte man auch eine Auszeit vom Film nehmen und Theater spielen. Hinterher bekam man wieder neue Rollen angeboten.

Nach der Wende habe ich einen Spagat gemacht zwischen Theater und Film und mich dann für den Film entschieden. Doch als Theaterschauspieler fehlt einem die Bühne, der unmittelbare Zugang zum Publikum. Es ist schön von dort eine direkte Reaktion zurückzubekommen.

Wie kann ich mir Wolfgang Winkler privat vorstellen? Was mögen Sie? Was bringt Sie auf die Palme? Sind Sie ein eher lustiger Typ, eher ernst?

Das ist von Situation zu Situation unterschiedlich. Normalerweise versuche ich dem Leben die heiteren Dinge abzugewinnen. Humor ist eine wichtige Sache, sonst wird man verbittert.

Aber auch ich bin nicht von Schicksalsschlägen verschont geblieben. Seit meine Frau nach 33 Jahren Ehe tödlich verunglückt ist, lebe ich alleine. Doch alleine leben ist komplizierter. Ich bin immer schon ein Familienmensch gewesen.

Welche Hobbies haben Sie?

Spezielle Hobbies wie Briefmarken sammeln habe ich nicht. Ich liebe die Schauspielerei. Schon als Jugendlicher habe ich in Laienspielgruppen und im Kabarett mitgespielt. Und mein Hobby ist dann zum Beruf geworden.

Es gibt noch andere Dinge wie das Reisen, die mir sehr viel Spaß machen. Auf die Art habe ich schon viel von der Welt gesehen, doch als Hobby möchte ich das nicht bezeichnen.
bezeichnen.
Lesen Sie gerne? Was?

Biographien von Künstlern wie Harald Juhnke, Kurt Böwe, Manfred Krug und Erwin Geschonnek bis Otto Brahm. Die lese ich insofern besonders gerne, als mich deren Werdegang und ihre Entwicklung interessiert. Es reizt mich zu erfahren, was sie zu bestimmten Fragen sagen und welche politische Einstellung sie zu gewissen Dingen haben.

Ihr Wunsch für die Zukunft?

Gesund zu bleiben, um all die Rollen, die man zukünftig angeboten bekommt, spielen zu können.

Besten Dank für das Interview!

erschienen im Lesestoff Leipzig, Ausgabe 09/2004

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