Thomas R.P. Mielke

Interiew mit dem Autor Thomas R.P. Mielke

Thomas R.P. Mielke wurde 1940 in Lippe-Detmold geboren, verlebte seine Kindheit in Quedlinburg und Rostock. Von dort floh er 1955 in die BRD und lebt heute in Berlin. Außer seiner Tätigkeit als Texter in internationalen Werbeagenturen war TRP Mielke auch als Produktenterfinder eines großen Süßigkeitenherstellers in Italien tätig. Neben Publikationen im Bereich Science-Fiction und Polit-Thriller wurde er vor allem durch seine historischen Romane bekannt.

Veröffentlichungen u.a.:

historische Romane:

Gilgamesch, König von Uruk
Inanna - Odyssee einer Göttin, Roman unserer Herkunft
Karl der Große, Der Roman seines Lebens
Attila, König der Hunnen, Romanbiographie
Karl Martell, Der erste Karolinger, Romanbiographie
Die Kaiserin, Roman über Roms letzte Kaiserin Galla Placidia
Colonia, 2000 Jahre einer deutschen Stadt in Ichform erzählt

Science-Fiction:

Grand Orientale 3301 - Eine Parallelwelt rund um ein Atomkraftwerk in Bayern
Der Pflanzen Heiland - Die Rückkehr des Pflanzenwissens am Baikalsee
Das Sakriversum - Roman eines Zwergenvolkes unter dem Dach einer Kathedrale
Die Entführung des Serails - Musikalischer Gefühlsnotstand in einer Ringwelt rund um die Erde
Mythen der Zukunft - Sechs Einzelromane aus den 70er Jahren im Sampler
Befehl aus dem Jenseits - Trau keinem über Dreißig
Das Geheimnis des ersten Planeten - Schatten der Parawelt zwischen Merkur und Sonne
Der Tag an dem die Mauer brach - Polit-Vision von 1985 über eine friedliche Wiedervereinigung 1987
Orlando Furioso (der rasende Roland) - Ariosts unterhaltsamstes Epos der Literaturgeschichte als Roman nacherzählt
Die Stadt in den Sternen - Von der Raumstation zur Satellitenstadt


Vom DDR-Flüchtling zum Gärtner und Fluglotsen, vom Kreativdirektor eines großen Süßigkeitenherstellers zum Autor von historischen Romanen. Sehen Sie Ihr wechselvolles Leben eher als Schicksal oder als konsequenten Weg zu einem bestimmten Ziel?

Ich sehe mein Leben mit Sicherheit nicht als konsequenten Weg zu einem bestimmten Ziel – es sei denn zum Tod. Ich würde verzweifeln, wenn ich heute schon wüsste, mit welcher Beförderungs- und Gehaltsstufe ich ein Beamten- oder Gewerkschaftsleben beenden müsste.

Wenn es Ihrer Meinung nach zu einem Ziel führen sollte – haben Sie das erreicht?

Da bei meinem Leben der Weg das Ziel ist, empfinde ich jeden Tag als interessant und als spannende Herausforderung. Nichts wäre langweiliger, als nur ein Ziel zu haben.

Liegt in dieser doch sehr bewegten Vergangenheit auch Ihr Bezug zu historischen Romanen, obwohl die in einer ganz anderen Zeit und Welt spielen, oder wie sonst kam es zu Ihrer Leidenschaft für gerade dieses Thema?

Ich halte mein Leben nicht für besonders bewegt. Und für die Vergangenheit interessiere ich mich erst, seit mir Zukunftsromane langweilig vorkommen. Wozu soll man irgendwo im Weltall etwas erfinden und beschreiben, wenn es in der Geschichte der Menschheit viel aufregender und besser schon einmal da gewesen ist?

Ist für Sie das Autorentum eher Beruf oder Berufung?
Ich schreibe eigentlich schon immer. Erstens, weil’s es mir Spaß macht, und zweitens weil ich seit ein paar Jahren auch davon lebe.

Entscheiden Sie selbst, ein Verlag oder ein Agent, welches Thema Ihr nächstes Buch haben wird?

Ich bin sehr neugierig und habe immer ein Dutzend Bereiche, von denen ich keine Ahnung habe und von denen ich mehr wissen möchte. Und das schlage ich dann Verlagen vor. Aber manchmal fragt mich auch ein Verlag, ob ich über dieses oder jenes Thema einen Roman schreiben möchte.

Was muß die Hauptperson Ihres jeweils aktuellen Buches an sich haben, daß Sie sich entschließen, gerade ihre Geschichte zu Papier zu bringen?

Da ich gern reise, suche ich mir solche Themen aus, bei denen ich den Spuren meiner Hauptpersonen folgen, recherchieren und dabei Neues entdecken kann.

Wie gehen Sie Ihre Bücher an?

Irgendwann ist mir aufgefallen, daß ich nur über Themen schreibe, von denen ich zunächst keine Ahnung habe. Das interessiert mich dann und ich fange an, so viel wie möglich darüber herauszufinden. Für meine Romanbiographie über Attila habe ich vier Jahre gebraucht, war in Ungarn, Italien und Frankreich und habe ungefähr einen Meter Bücher gelesen und haufenweise Kopien in Aktenordnern gesammelt. Es macht mir natürlich auch Spaß, Experten Fehler nachzuweisen.

Recherchieren Sie dabei auch vor Ort, in den Gebieten der Erde, wo die betreffende Person gelebt hat?

Ich recherchiere zunächst im Internet, Archiven und Bibliotheken. Wenn möglich fahre ich dann auch dorthin, wo meine Geschichte spielt, und rede dort mit Menschen, von denen ich irgendetwas erfahren kann, was ich noch nicht wusste.

Wie lange dauert es von der Grundidee zur Fertigstellung des Buches?

An meiner schnellsten Geschichte, einen Science fiction-Roman von 64 Druckseiten, habe ich 24 Stunden getippt. Am „Orlando furioso“, meinem neuesten, 735 Seiten starken Roman habe ich genau zwei Jahre Tag für Tag gearbeitet.

Schreiben Sie möglichst wirklichkeitstreu, oder darf auch Ihre Phantasie eine Rolle spielen?

Es gibt bei mir total erfundene Szenen und Dialoge, aber zumeist basieren sie auf Fakten und einer sauberen Recherche.

Wie gelingt es Ihnen immer wieder den Bezug zu der damaligen Zeit zu bekommen? Den Lebensumständen, die damals herrschten?

Ich benutze gern den Vergleich mit einer Kuh: Je besser das Gras ist, das sie frisst und je sorgfältiger sie verdaut, um so besser werden Milch und Butter.

Wo schreiben Sie Ihre Bücher?

Ich kann überall schreiben oder diktieren: Früher in Mittagspausen im Büro, dann nachts in Kellern, in Schlafwagen, oder mit dem Notebook an einem Kneipentresen oder auf dem Jangtsekiang (da habe ich in drei Tagen ein Kapitel meines Roman über Karl den Großen geschrieben).

Benötigen Sie dazu eine bestimmte Umgebung?

Ich mag wechselnde Umgebungen und kann zum Beispiel auch diktierend durch einen Wald laufen. Allerdings habe ich ganz gern meine speziellen Nachschlagwerke griffbereit.

Was machen Sie, wenn Ihnen keine Ideen mehr kommen oder kommt das nicht vor?

Keine Ideen zu haben, kommt bei mir nicht vor. Schwieriger ist es, sich mit einer unsympathischen Hauptfigur wie Attila oder Jacob Fugger anzufreunden. Das kostet Zeit.

In „Inanna, Odyssee einer Göttin“ ist die Hauptperson eine Frau, aus deren Perspektive Sie das Buch geschrieben haben. Wie kam es dazu?

Das war eine Art Wiedergutmachung, weil mir der legendäre Gilgamesch – denn von diesem Heldenkönig handelt ja dieses erste Epos der Menschheitsgeschichte - im Nachhinein ein bisschen zu machohaft vorkam. In den sumerischen Original-Quellen beschimpft er sie ziemlich unflätig. Da habe ich überlegt, wie sie als seine Stadtgöttin das wohl empfunden haben könnte.

Wie gelingt es einem Mann sich so in eine Frau hineinzuversetzen und dazu noch in eine Göttin aus einer ganz anderen Epoche?

Dieser Roman war auch ein Experiment. Ich wollte wissen, wie „Ich als Frau“ handeln würde, deshalb habe ich die Geschichte auch in Ich-Form erzählt. Zusätzlich wollte mir nicht in den Kopf, daß unsere Geschichte erst mit Griechen, Ägyptern oder Sumerern angefangen haben sollte. Was war vorher? Seit der Eiszeit und den Höhlenmalereien von Lascaux in Frankreich. Ich bin damals auf der Suche nach unserer Herkunft durch mindestens zwanzig der Höhlen dort gekrochen und gewandert.

Welches Ihrer Bücher ist Ihr privater „Liebling“? Und warum?

Gilgamesch – König von Uruk, Das Sakriversum - Roman einer Kathedrale, und natürlich den vor Eifersucht rasenden Roland, also Orlando furioso.

Haben Sie in dem, was Sie am liebsten lesen, einen Bezug zu dem, was Sie selbst schreiben?

Natürlich, denn das ist meist identisch. Ich tauche immer ganz in die Welt meiner Romane und Geschichten ein. Schließlich will ich auch etwas davon haben, was ich schreibe. Ich bin ja der erste, den das interessieren muß.

Was konkret lesen Sie privat?

Alles, was zu meinen aktuellen Romanprojekten passen könnte.

Welches Buch könnten Sie den Lesern dieser Zeitschrift ans Herz legen?

Meine Lieblingsbücher aus Antwort 17.

Ein kleiner Ausblick: Welche Pläne haben Sie für die Zukunft?

Schreiben, reisen, schreiben.

Herr Mielke, besten Dank für dieses Gespräch!

erschienen in der Federwelt, Ausgabe 38, Februar/März 2003

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