Matthias Habich

Interview mit dem Schauspieler Matthias Habich

Matthias Habich, 1940 in Danzig geboren, absolvierte seine Ausbildung zum Schauspieler an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Hamburg sowie am Conservatoire de l’art dramatique in Paris und bei Lee Strasberg in den USA.

Theater (eine Auswahl)

Faust
Hamlet
König Lear
Merlin

Film und Fernsehen (eine Auswahl)

Die merkwürdige Lebensgeschichte des Friedrich Freiherrn von der Trenck
Des Christoffel von Grimmelshausen abenteuerlicher Simpliccisimus
Taugenichts
Die Glorreichen
Der Schrei der Eule
Das letzte U-Boot
Lauras Entscheidung
Deutschlandlied
Tatort – Der kalte Tod
Jenseits der Stille
Das Urteil
Die Rättin
Jahrestage
Nirgendwo in Afrika
Bella Block – Kurschatten
Kein Himmel über Afrika
Wellen
Unkenrufe

Preise (eine Auswahl)

1997 – Goldener Löwe als Bester Schauspieler für „Tatort – Der Kalte Tod“
1998 – Adolf-Grimme-Preis sowie Publikumspreis der „Marler Gruppe“ für „Das Urteil“
2001 – Deutscher Fernsehpreis als Bester Schauspieler für „Jahrestage“
2002 – Deutscher Filmpreis in Gold für „Nirgendwo in Afrika“

Am 05.05.05 sind Sie im ZDF in dem TV-Drama Wellen zu sehen, in der Rolle des Rolf von Buttlär. Dabei handelt es sich um die Literaturverfilmung des gleichnamigen Romans von Eduard von Keyserling. Was hat Sie speziell an diesem Drehbuch gereizt, daß Sie diese Rolle übernommen haben?

Es muß Spaß machen. Das war eine Rolle - ein Baron aus der Jahrhundertwende, eine Figur, die man sich vorstellen könnte. Ich kenne sie von Heinrich Manns „Der Untertan“ - diese militaristische Gesellschaft, die Adligen, die haben solche Attitüden, die eigentlich komisch wirken aus der heutigen Sicht. Es hat also auch eine Komik meine Rolle.

Bereiten Sie sich auf die Dreharbeiten für eine Literaturverfilmung anders vor als bspw. auf einen Krimi, weil ja in diesem Fall ein Buch dahinter steckt, ein historischer Roman?

Man liest den Roman dazu, das ist der Unterschied. Es gibt keine Regeln, keine Rezepte, wie man sich verhält. Jede Rolle hat eine ganz eigene Vorbereitungsweise. Ich habe natürlich den Roman gelesen und noch einmal den Film „Der Untertan“ von Staudte gesehen und das andere war Gemeinschaftsarbeit mit Regisseur und Kollegen.

Lieben Sie Filmstoffe, die in der Vergangenheit spielen (ich denke da an den Klemperer, die Jahrestage) mehr als solche aus der Gegenwart (den Tatort)? Ich habe das Gefühl, daß die Rollen, in denen man Sie sieht, manchmal sehr vergangenheitsbezogen sind.

Zufall. Ich halte das für Zufall. Ich habe ja auch andere Filme gemacht, das ist dann wahrscheinlich selektive Wahrnehmung, die man da macht. Das wichtige ist, daß das Drehbuch reizt, daß es gute Dialoge hat, daß die Figuren komplex sind.

Ist es für Sie als Schauspieler schwer sich in eine ganz andere Zeit einzudenken? Wie bereiten Sie sich darauf vor?

Wenn man einen Roman liest, dann bringt der ebenfalls dieses Zeitkolorit mit, da muß man sich dann nicht hineindenken. Ich spiele eine Figur. Vorher ist da schon der Bühnenbildner, der natürlich Möbel aus dieser Zeit nimmt und das ist die ganze Arbeit. Einiges weiß man ja auch, wenn man etwas geschichtsbewußt ist, die Vorkriegszeit eben. Das war eine prüde, bigotte Gesellschaft, eine verlogene Gesellschaft, das ist ja auch das Thema des Films. Das bringen die Dialoge schon mit sich.

Hätten Sie gerne in diesen früheren Zeiten gelebt?

Nein. Ich habe wirklich Glück gehabt in eine Nachkriegszeit hineingeboren zu werden. Wir haben hier in unserer Region viele Jahre keinen Krieg gehabt. Man konnte reisen, hatte Redefreiheit. Es gab eine Demokratie, das war das goldene Zeitalter, das jetzt zu Ende geht.

Würden Sie den Mut aufbringen sich wie die Gräfin gegen die Standesdünkel aufzulehnen? Gegen das System? Anders zu leben als es Ihnen von Geburt an vorbestimmt ist?


Nein, ich würde für mich überhaupt nie die Hand ins Feuer legen, das mache ich nicht. Man kann für sich nur hoffen und vermuten, daß man sich mutig verhält. Wenn man aber dann wirklich in Situationen kommt, wo Mut erfordert ist, ob man den dann auch aufbringt, das kann man immer nur in der Situation sehen.

Eigentlich spielt die Geschichte von „Wellen“ im Jahre 1913. Trotzdem hat man das Gefühl, daß das Thema irgendwie aktuell ist. Was macht sie dennoch zu einer modernen Geschichte? Man hat irgendwie das Gefühl, daß die Geschichte nicht nur 1913 spielt, sondern auch einen gewissen Touch in die heutige Zeit hat.

Das ist wahrscheinlich bei allen Dingen so, die man einstellt oder heute inszeniert, daß die jetzige Zeit durchschimmert. Es wäre ja auch wünschenswert, wenn man sich die Bilder und Figuren aus der damaligen Zeit ansieht, dann ist es mehr ein Bildervortrag als ein Drama, das einen interessiert.

Die Rolle des Rolf von Buttlär ist eher die von einem unsympathischen Zeitgenossen. Ist es für Sie anspruchsvoller solche Rollen zu übernehmen als die von netten sympathischen Menschen?

Ich finde den komisch. Auf der einen Seite pocht er starr auf seine Regeln und bricht sie gleichzeitig selber. So funktioniert Komik.

Einen netten Menschen zu spielen ist vielleicht noch schwieriger. Wenn da nichts dahintersteht, was soll man denn da machen als Schauspieler. Jemanden mit Ecken und Kanten darzustellen ist doch leichter als jemanden, der so platt ist. Da schläft man ja ein, das stelle ich mir schlimm vor.

Es macht einfach mehr Spaß etwas zu spielen, wenn es komplex ist, als wenn es so eintönig, so monoton ist.

Und zum Schluß: Gibt es schon Projekte für die Zukunft? Wird man Sie in absehbarer Zeit wieder im Theater sehen? Sind Lesungen geplant?

Ja, es gibt Projekte. Aber darüber rede ich erst, wenn ich anfange. Lesungen habe ich momentan nicht geplant, aber Film, Theater und Fernsehen. Doch Lesungen mache ich ab und zu auch gerne, das macht mir Spaß.

Besten Dank für dieses Interview.

11.04.05

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