Eva Steins

Ein Interview mit der Autorin Eva Steins

„Der Ring des Anno“ ist Ihr zweiter Köln-Krimi für Pänz. Wie sind Sie auf die Idee gekommen Krimis speziell für Kinder zu schreiben?

Ich habe meinen Kinder schon früher, als sie noch ganz klein waren, sehr gerne spannende Geschichten erzählt. Dabei entstand irgendwann die Idee, alles aufzuschreiben.
Da ich selbst viele Jahre in dem Haus in der Hohe Straße gelebte habe, über das ich in meinen Romanen schreibe, fand ich es reizvoll, über Menschen zu berichten, die vielleicht vor tausend, oder sogar vor zweitausend Jahren in einem Haus an dieser Straßenecke gelebt haben könnten.

Schließlich entwickelten sich daraus der Gedanke, Köln-Krimis zu schreiben, die in zwei Zeitebenen, nämlich in der Gegenwart und in der Vergangenheit, spielen.

Wer hat Sie zu den Figuren der Kinder inspiriert?

Die beiden Protagonisten Lukas und Alina haben gewisse Ähnlichkeiten zu meinen eigenen Kindern, die anderen sind Geschöpfe meiner Phantasie. Vielleicht habe ich mich ein bisschen vom Aussehen oder dem Charakter der Freunde und Freundinnen meiner Kinder beeinflussen lassen, alles ein bisschen vermengt und daraus neue Personen geschaffen.

Warum ist ausgerechnet die Geschichte von Erzbischof Anno und seinem Ring Thema dieses Buches?

Meine Idee war, in Form einer Trilogie zu schildern, wie das Leben in Köln sich im Laufe von 2000 Jahren verändert hat. Der erste Roman spielt im Jahr 69 nach Christus, kurz nach der Stadtgründung, als Vitellius in Köln zum Römischen Kaiser ausgerufen wurde. Der zweite Teil musste folglich tausend Jahre danach spielen, und da stieß ich beim Recherchieren auf die Geschichte des Erzbischofs Anno, der im Jahr 1074 von den Kölnern aus der Stadt getrieben wurde. Diese Sache fand ich ausgesprochen interessant, weil hier in Köln erste Schritte zur demokratischen Mitbestimmung gegangen worden sind.

Wie viel an dieser Geschichte hat wirklich einen historischen Hintergrund, und wie viel ist von Ihnen noch hinzu geschrieben worden?

Die Rahmenhandlung der Gegenwart spielt sich zwar an authentischen Schauplätzen ab, ist aber völlig frei erfunden. Die Kernhandlung allerdings bekam durch den realen Ablauf der „Anno-Geschichte“ ein festes Gerüst. In diesen historischen Stoff habe ich dann meine eigene Geschichte eingewoben. Erzbischof Anno erscheint dabei eher marginal. Im Vordergrund stehen die - erfundenen - Geschwister des jungen Mannes, der Anno die Herausgabe seines Schiffes verweigert und damit den Aufstand der Kölner gegen ihren Erzbischof anzettelte.

In die Handlung geschickt eingebunden wurden von Ihnen dazu die Bläck Fööss und speziell ihr Bassist Hartmut Priess. Wie kam es dazu?

Bei der Recherche nach dem leider nicht überlieferten Namen des jungen Mannes stieß ich auf den schon älteren Bläck Fööss’ Titel „Feschers Köbes“. Darin geht es um genau die Geschichte, über die ich schreiben wollte.

Da ich die Bläck Fööss durch meine Arbeit für die damalige Plattenfirma der Band seit vielen Jahren kenne, habe mit Hartmut Priess Kontakt aufgenommen und ihn gefragt, wie sie auf den Namen „Feschers Köbes“ gekommen sind. Hartmut fand das Thema, an dem ich arbeitete, sehr interessant, und nach einigen Gesprächen mit ihm entstand die Idee, ihn und die Bläck Fööss in meinen Roman einzubeziehen, fast von selbst. Hartmut war damit einverstanden, und er hat mich mit vielen Informationen unterstützt, sodass die Figur des Hartmut Priess in meinem Roman ziemlich authentisch geworden ist. Auch Bömmel konnte sich in seiner Rolle gut wiedererkennen.

Einen großen Titel dieses Krimis nimmt die Schilderung der Ereignisse im Köln des 11. Jahrhunderts ein. Ist es Ihnen wichtig, den jungen Lesern Ihrer Bücher nicht nur Krimispannung, sondern gleichzeitig Geschichtliches zu vermitteln?

Ja, aber nicht vordergründig, sondern so ganz nebenbei. Ich will in erster Linie eine Geschichte erzählen, die spannend und lebendig ist, und trotzdem das Gefühl für das Leben in einer längst vergangene Zeit vermittelt. Natürlich habe ich vorher sehr gründlich recherchiert. Daten und Fakten müssen stimmen, das ist unverzichtbar und mir sehr wichtig. Aber ich bin ja keine Geschichtslehrerin, und deshalb erlaube ich mir, trockene Daten und Fakten mit Spannung und Humor flüssiger zu machen.

Wie ist die Resonanz der Leser auf diese besonderen Bestandteile Ihres Buches (Vermischung historischer Fakten mit Krimi und Bläck Fööss)?

Schon in meinem ersten Köln-Krimi habe ich wahre Stadtgeschichte und eine erfundene Romanhandlung miteinander verknüpft, und wusste daher, dass meine Leser diese Mischung besonders reizvoll fanden. Trotzdem hatte ich ein bisschen Herzklopfen, als ich ein paar Tage vor den großen Ferien zur ersten Lesung aus meinem neuen Roman vom Stadtgymnasium Porz eingeladen wurde. Mir gegenüber saßen schließlich über 120 Kinder und deren Lehrer, und keiner von ihnen kannte meinen neuen Köln-Krimi, da das Buch erst zwei Tage vorher erschienen war. Aber die Begeisterung der Kinder zeigte mir schnell, dass ich auch mit dem neuen Roman ihren Geschmack getroffen hatte.

Nach dieser Lesung war noch rund eine halbe Stunde Zeit, in der die Kinder mir Fragen stellen konnten. Natürlich wollten sie wissen, ob das alles im Mittelalter tatsächlich genau so abgelaufen ist, und ob es das Bläck Fööss-Konzert aus dem Roman wirklich gegeben hat. Es hat mich wirklich sehr gefreut, dass die Kinder so begeistert von dem Thema waren.

Haben Sie danach noch weitere Lesungen gemacht, bei denen es genau so war?

In den Sommerferien finden keine Lesungen in den Schulen statt. Aber jetzt, im kommenden Herbst, bin ich wieder zum Lesen unterwegs. Auch schon bei den früheren Lesungen war mir immer wichtig, nicht die Sätze nur einfach vorzulesen, sondern durch Stimm-Modulation den einzelnen Protagonisten Farbe und damit mehr Ausdruck zu verleihen. Die Kinder spüren, dass mir das Lesen mit ihnen großen Spaß macht, und diese Freude kommt wieder zu mir zurück.

Was ist Ihr ganz persönlicher Bezug zu Köln?

Ich bin im Severins-Viertel geboren, neben Sankt Kunibert aufgewachsen und habe lange Zeit in der Hohe Straße gewohnt. Das prägt. Wurzeln, Herz und Kopf in Köln.

Schreiben Sie außer den Köln Krimis für Pänz noch andere Bücher? Wenn ja, welche?

Im Moment nicht. Ich habe zwar den Kopf voller Ideen, aber leider zu wenig Zeit, um auch noch etwas anderes zu schreiben. Eigentlich könnte ich dafür gut ein „Zweitleben“ nebenher gebrauchen. Das Recherchieren für den dritten Teil meiner Köln-Trilogie ist ziemlich aufwändig. Der nächste Roman wird nämlich in der Zeit des Zweiten Weltkriegs spielen. Da wird es um die Edelweißpiraten gehen, um Judenverfolgung und ... und ... und ... Es gibt sehr, sehr viel Material, und ich habe bei meiner Arbeit einen manchmal überaus lästigen Hang zum Perfektionismus. Ich will nicht nur wieder äußerst sorgfältig recherchieren, sondern muss auch viele Informationen aussortieren, denn leider besteht die Kunst des Schreibens nun einmal auch in der Kunst des Weglassens.

Wie lange dauert bei Ihnen die Fertigstellung eines Buches von der Idee bis zum vollständigen Roman?

Beim ersten Roman hat es länger gedauert. Vom ersten Recherchieren bis zum Erscheinen des Buches sind dann etwa sieben Jahre vergangen.

Beim zweiten Roman ging es viel schneller. Da konnte ich viele Fakten, die ich bei der Recherche für das erste gefunden hatte, einfließen lassen. Ich hoffe, dass ich das dritte Manuskript in ungefähr zwei Jahren fertig stellen kann.

Haben Sie eine besondere Herangehensweise an Ihre Krimis? Wo fangen Sie an? Wie geht es bei Ihnen weiter?

Ich mache das ungefähr so wie ein Architekt. Zuerst kommt die Planung. Ich überlege mir, was ich eigentlich erstellen will. Bei meinen Köln-Krimis ist der Kernteil das Fundament und wird durch die historischen Fakten festgelegt. Danach gehe ich langsam an den Aufbau der zusätzlichen Handlungen, bis ich die Statik des Kernteils fertig habe.
Anschließend muss ich noch die Geschichte für den Rahmen konstruieren und die Verbindung zum Kernteil aufbauen. Ist das Roman-Haus fertig, können die Protagonisten einziehen.

Was machen Sie, wenn Sie einmal nicht weiter kommen?

Dann gehe ich raus, laufe mit unserem Hund durch den Stadtwald oder am Rhein entlang und versuche an etwas ganz anderes zu denken. Mit aller Macht eine gute Idee herbeidenken zu wollen, bringt rein gar nichts. Man darf nicht verkrampft an diese Sache herangehen - das würden die Leser zwischen den Zeilen herausfinden, sondern man muss versuchen, locker zu bleiben. Manchmal passiert es dann, dass mir ganz plötzlich eine Idee gegen den Kopf fliegt, die sich zwar zu diesem Zeitpunkt nicht in meine Geschichte einbauen lässt, die ich aber so gut finde, dass ich sie irgendwo in den Handlungsstrang einflechte.

Wie sind Sie zum Schreiben gekommen?

Durch Spaß am Schreiben. Ich habe einige Jahre für eine Kölner Plattenfirma Werbetexte, weil mir das Schreiben immer schon besonders lag. Dann habe ich angefangen, Drehbücher zu schreiben - zuerst für Videoclips der Musik-Szene, später dann für Werbe- und Promotionfilme und schließlich auch für Fernsehproduktionen wie „Das Jugendgericht“.

Oft, wenn ich ein Buch las, dachte ich „Das kannst du auch“, aber leider hatte ich damals viel zu wenig Zeit, um meine Ideen zu realisieren. Als ich dann endlich das Manuskript von „Das Schwert des Julius Caesar“ fertiggestellt hatte, schickte ich es an den Emons-Verlag. Ich hatte schon gehört, dass manche Autoren bis zu hundert Verlage anschreiben, und ich wusste auch, dass sich im Posteingang verschiedener Verlage täglich bis zu vierzig Manuskripte stapeln. Aber es dauerte nur zwei Wochen, und ich bekam vom Emons-Verlag das Okay. Mein Manuskript sollte als Buch gedruckt werden. Ich war total glücklich. Und ich war auch ziemlich stolz, als schon nach gut einem Jahr die erste Auflage des Buches ausverkauft war.

Wie hoch ist die Auflage des zweiten Buches?

Fünftausend Exemplare.

Einmal unabhängig von Ihren eigenen Büchern. Welches Genre ist Ihre persönliche Lieblingsliteratur?
persönliche Lieblingsliteratur?

Früher mochte ich Kriminalromane nicht so gerne, aber seitdem ich selbst welche schreibe, lese ich auch sehr gerne die Krimis anderer Autoren. Donna Leons Commissario Brunetti mag ich, Henning Mankells Kommissar Wallander auch. Mein absolutes Lieblingsbuch ist allerdings immer noch „Das Parfüm“ von Patrick Süßkind. Und - natürlich - lese ich auch Harry Potter.

Welche Pläne haben Sie für die Zukunft?

Ich habe gerade erst mit dem Gerüstbau für den letzten Teil meiner Köln-Trilogie angefangen. Bis ich diesen Roman abschließen kann, wird noch eine Menge Zeit vergehen. Erst danach will ich konkrete Pläne für das nächste Projekt machen. Ich möchte mich nicht nur auf das Genre Kinderbuch festlegen lassen, denn auf der Festpatte in meinem Kopf habe ich einen ganzen Ideen-Katalog gespeichert. Vielleicht folgt ja ein Krimi für Erwachsene, in dem ich nach Herzenslust morden werde.

Also demnächst statt Köln-Krimis für Pänz Köln-Krimis für Erwachsene?

Das weiß ich jetzt noch nicht, es könnte aber so sein. Ich denke, Köln ist eine tolle Stadt mit netten Menschen, und die paar Fieslinge, die überflüssigerweise hier leben, könnten durchaus in meine spitze Feder laufen ...

Besten Dank für dieses Interview.

Ein Hinweis zum Urheberrecht: Dieser Beitrag ist urheberrechtlich geschützt. Jede weitere Nutzung, egal in welchem Medium oder der Verkauf, ist genehmigungs- und honorarpflichtig und bedarf meiner Zustimmung.

 

Eva Steins - privat

Früherer Beruf?

Werbewirtin, Werbetexterin, Drehbuchautorin, Mutter (inkl. Köchin, Putzfrau, Krankenschwester, Kindergärtnerin, Alleinunterhalterin, Nachhilfelehrerin, Waschfrau, Chauffeurin ...)

Wenn Sie auf eine einsame Insel gehen würden und drei Dinge mitnehmen dürften. Welche?

Ein Flugzeug, ein Schiff, ein U-Boot.

Sie haben drei Wünsche frei. Welche?

Alle Sprachen dieser Erde fließend sprechen und verstehen zu können, wie Elton John Klavier und wie Eric Clapton Gitarre spielen zu können ...

Wenn Sie eine Entscheidung in Ihrem Leben rückgängig machen könnten.
Welche wäre das?

Eine wäre nicht genug ....

Wie lautet Ihr Lebensmotto?

Ich weiß von keinem. Aber vermutlich ist meine Lebenshaltung wie die der meisten Kölner: Et is wie et is, et kütt wie et kütt, et hät noch immer jot jejange, et Levve jeit wigger, drink doch eine mit, Kölle alaaf!

Wie stellen Sie sich Ihren Lebensabend vor?

Mit hundertzweiundzwanzig endlich Gitarre spielen zu lernen ...

Wo möchten Sie gerne leben?

Mit den Füßen fest auf dem Boden, aber den Kopf in den Wolken ...

Was würden Sie noch gerne erlernen?

Geduld.

Mit welcher bekannten Persönlichkeit möchten Sie gerne tauschen?

Mit Pinoccchio. Er war hölzern und wurde trotzdem geliebt.

Ihre Lieblingsfarbe?

Ziemlich ungefähr genau ein gelborangerötliches Blaugrün ...

Ihre Lieblingsblume?

Sonnenblume.

Was treibt Sie zur Verzweiflung?

Wenn dumme Menschen das Sagen haben.

Worüber können Sie sich besonders freuen?

Wenn meine Kinder sich freuen.

In welchem Jahrhundert würden Sie am liebsten leben und warum?

Wenn ich einen Blick in die Zukunft werfen und sehen könnte, dass es keine Kriege mehr gibt, keine Hungersnöte, keine Missachtung der Menschenrechte, dann würde ich vielleicht gerne in der Zukunft leben. Ansonsten finde ich die Zeit jetzt und hier gar nicht mal schlecht.

Was möchten Sie Ihren Lesern mit auf den Weg geben?

Wenn du durch eine dunkle Gasse gehen musst, mach das Licht an!

Ein Hinweis zum Urheberrecht: Dieser Beitrag ist urheberrechtlich geschützt. Jede weitere Nutzung, egal in welchem Medium oder der Verkauf, ist genehmigungs- und honorarpflichti und bedarf meiner Zustimmung.









Copyright

Suchen nach