17.06.12: Shakespeare-Lieder

Was war das für ein wunderschöner lauer Sommerabend ! Die Besucher flanieren über den Vorplatz zwischen der Wetthalle und dem Globe-Theater. Die Vögel zwitschern laut und fröhlich in den hohen Bäumen ringsherum.

Die Atmosphäre ist einzigartig schön - drinnen ist alles sehr stilvoll passend zum Festival-Charakter gestaltet, schwere Samtvorhänge in der beherrschenden royalen Farbe Rot - draußen ein tolles mediterranes Flair, duftende Lavendelblüten in strahlendem Blau ! ! ! Wie jedes Jahr finden wir Rosen, drinnen und draußen, neu hinzugekommen sind Geranien!

Wem haben wir diesen "Augenschmaus" zu verdanken? Eine "Troika" (wie Andreas Giesen, Produktionsleiter, lachend sagt) wurde für die Ausstattung verpflichtet: der lettische Künstler Vilnis Putrams (48), der schon seit Jahren als Mitarbeiter und Besucher immer wieder ins "Globe" kommt / die Filmausstatterin Maiko Ophei (38), die schon in den ersten fünf Festival-Jahren als studentische Hilfskraft zur Crew gehörte / Bühnenbildner und Produktionsdesigner Nico Rütten (33), der einzige echte "Neuling" in dem Dreigestirn . . .

Die Drei haben zunächst rege übers Internet kommuniziert. Zum ersten Mal begegnet sind sie sich aber erst Anfang Juni. Überraschend und verblüffend war daher die harmonische Zusammenarbeit der drei "Neulinge", die die Nachfolge von Susanne Wohlfahrt angetreten haben, die bisher die Geschicke in diesem Bereich gelenkt hat.

Um 17:15 Uhr beginnt die Konzerteinführung - draußen im Sonnenschein. Auf die Bühne tritt ein junger Mann, leger gekleidet, Simon Lepper.. Mit jungenhaftem Charme schwärmt er vom Globe in Neuss: "Ich liebe diesen Ort. Da uns die Zuhörer so nah sind,fühlen wir uns wie in einem großen Wohnzimmer." In der Tat beträgt der Abstand zwischen Publikum und Akteuren keine 10 Meter. Zuschauer in der ersten Reihe müssen gelegentlich sogar die Füße einziehen . . .

Eine knappe Stunde später steht Simon Lepper auf der Bühne im Globe. Er hat sich verwandelt in den virtuosen Pianisten, der schon als Student jeden großen Preis für Klavierbegleitung gewonnen hat; jetzt seriös im dunklen Anzug, Krawatte und sorgfältig polierten schwarzen Schuhen.

Lepper steht heute Abend zum dritten Mal auf dieser Bühne (2010 mit dem Bariton Stephan Loges / "Romantischer Shakespeare", 2011 mit Loges und der Sopranistin Elizabeth Watts / "Duette und Arien").

Und heute, am 17. Juni 2012, steht Simon Lepper wiederum mit Elizabeth Watts ("Shakespeare- Lieder") auf der Neusser Bühne. SIE war im vergangenen Jahr DIE sensationelle musikalische Entdeckung beim Shakespeare-Festival - und sie gilt als eines der vielversprechendsten Talente Großbritanniens (The Independent, UK).

Watts reiner, warmer Sopran, ihre glänzenden Koloraturen schmeicheln dem Ohr des Zuhörers.
Sie singt "Flow my tears" (Dowland) mit tiefer Traurigkeit, im bittersüßen "Come again" (wieder Dowland) voller Sehnsucht und wechselt mühelos bei Morleys "It was a lover and his lass" zum jugendlichen Übermut der frisch Verliebten. Und in letzterer Rolle gefällt mir Elizabeth Watts am allerbesten ! Blitzende Augen und den Schalk im Nacken: ein wunderbar komödiantisches Talent.

Simon Lepper ist ihr in allen Facetten ein einfühlsamer Begleiter. Seine Finger huschen grazil über die Tasten des Flügels - dieser belohnt ihn für sein großartiges Spiel mit phantastischen Spiegelungen der Scheinwerfer

Lepper und Watts führen das Publikum durch fünf Jahrhunderte - von der Renaissance über die Romantik bis ins 20. Jahrhundert. Spannend ist es, die unterschiedlichen Vertonungen derselben Verse zu hören. So taucht das Lied: "Under the greenwood tree" gleich dreimal im Programmheft auf - von Ivor Gurney, Erich Korngold und von William Walton. Eine treffliche Gelegenheit, die verschiedenen Versionen miteinander zu vergleichen.

Der Shakespeare-Liederabend war wunderschön - auch für einen "Outsider" wie mich ! ! !

Die beiden jungen Künstler sind große Talente, deren Karriere gerade erst begonnen hat. Von beiden werden wir in der Zukunft noch eine Menge Gutes hören !

Mit Sicherheit werden dann auch deutlich mehr Zuhörer den Weg ins Globe finden . . .

Berichterstattung: Rita Pauli

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